Wahlwerbung braucht Chancengleichheit – Gegen Symbolpolitik auf Kosten kleiner Parteien

In der Stadtratssitzung am 11. März 2021 wurde ein gemeinsamer Prüfantrag mehrerer Fraktionen zur Neuregelung von Wahlwerbung eingebracht. Auch wenn das Anliegen grundsätzlich nachvollziehbar ist, lehnen wir als FDP Speyer diesen Antrag in seiner vorliegenden Form klar ab. Der Antrag bleibt inhaltlich unausgereift und stellt eine symbolpolitische Maßnahme dar, die verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Wahlwerbung ist kein Luxus, sondern verfassungsrechtlich geschützter Bestandteil der politischen Willensbildung. Laut Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (WD 3-300/2015) ist Wahlwerbung – etwa in Form von Plakaten – für politische Bildung und Teilhabe notwendig. Sie muss flächendeckend möglich sein. Als Orientierungsgröße nennt der Dienst ein Plakat pro 100 Bürger – was für Speyer etwa 500 Plakate je Partei bedeuten würde. Bereits in der Vergangenheit haben wir als FDP diese Zahl deutlich unterschritten.

Besonders kleinere Parteien mit geringeren finanziellen Mitteln sind auf sichtbare und kostengünstige Formen der Wahlwerbung angewiesen. Eine pauschale Einschränkung benachteiligt sie massiv – das widerspricht dem Grundsatz der Chancengleichheit nach Artikel 21 Grundgesetz.

Zudem ist die Ungleichbehandlung verschiedener Formen politischer Kommunikation problematisch. Während klassische Wahlplakate beschränkt werden sollen, bleiben andere Plakataktionen – etwa für Bürgersprechstunden von Mandatsträgern – erlaubt. Damit würden Bundestags- und Landtagsabgeordnete durch indirekte Wahlwerbung bevorzugt, was systematische Nachteile für nicht amtierende Kandidierende schafft.

Auch das Argument des Umweltschutzes überzeugt in dieser Pauschalität nicht. Wahlplakate sind heute CO₂-neutral produzierbar, vollständig recyclebar und werden von uns entsprechend wiederverwendet – z. B. mit Cartonplast-Plakaten.

Wir stehen für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Wahlwerbung und sind offen für freiwillige Selbstverpflichtungen. Den vorliegenden Antrag jedoch lehnen wir ab – er steht sinnbildlich für eine Verbotspolitik, die mehr Schaden als Nutzen anrichtet.